FREIWURM
Ein Regenwurm steht im Regenwald
und denkt sich keck: ich werd nicht alt,
wenn ich hier stehen bleibe,
am besten wär’s, ich treibe
mich in den Blättern rum,
die sind genauso krumm
wie ich, so will mir scheinen.
Da muss die Mutter weinen.
Das Würmchen klimmt am nächsten Baum
empor, doch ist es oben kaum,
als es ein Tukan packt!
Der Wurm denkt sich: „vertrackt!
Soll so mein Leben enden?!“
Wehrt sich mit beiden Händen
- die er doch gar nicht hat! –
Da wird der Vogel matt,
verwirrt von soviel Gegenwehr,
öffnet den Schnabel und klagt sehr
über die Ungerechtigkeit,
die heutzutage weit und breit
den Tukanen geschieht.
Der Wurm jedoch entflieht,
von Blättern überdacht.
Worauf die Mutter lacht.
Ein Wurm muss unterirdisch leben!
Der Regenwurm bräuchte ein Beben
dass ihn der Grund verschlänge!
Doch wär’s ihm dort zu enge
und auch zu dunkel, denn die Sonne
und Luft sind seine ganze Wonne!
Er ist ein sturer Wurm!
Ins Blätterdach fährt Sturm
der weht das Würmchen auf die Gipfel
der Berge. Dort hängt er, am Zipfel
des Cotopax, 5000 Meter
und denkt verdrossen sich: nun steht er
sicher doch wohl am Dach der Welt
und findet letztlich, das gefällt
ihm doch nicht, und er gräbt sich ein
im Dauerfrost – wie kann das sein?
Ein Regenwurm kommt raus, wenn’s regnet
doch dieser ist mir Tags begegnet
in einer warmen Sommernacht.
Und hat mich herzlich angelacht